Gelebtes, geliebtes Amazonien - eine Buchbesprechung

Gelebtes, geliebtes Amazonien - eine Buchbesprechung

Buchbesprechung Südamerika Wasserparameter

Harald SIOLI: Gelebtes, geliebtes Amazonien

Forschungsreisen im Brasilianischen Regenwald zwischen 1940 und 1962. Pfeil Verlag München 2007.

Mittlerweile sind die damals führenden Köpfe des Max-Planck-Instituts für Limnologie in Plön an andere Institute gegangen, wurden emeritiert oder sind verstorben und damit wurde das MPI für Limnologie aufgelöst und es zog 2007 ein neuer Forschungszweig in die Räume ein. Ein Grund, kurz zurückzublicken.

Limnologische Ökosystemforschung

Damit ist die limnologische Ökosystemforschung in Amazonien, wie sie von SIOLI, JUNK, FURCH, FITTKAU und ADIS, um nur ein paar Namen zu nennen, in Plön durchgeführt wurde, Geschichte. Diese Geschichte begann für Aquarianer, als 1957 Harald SIOLI zum geschäftsführenden Direktor der hydrologischen Anstalt wurde. Diese wurde 1966 in das Max-Planck Institut (MPI) für Limnologie umbenannt. Die Abteilung Tropenökologie leitete Harald SIOLI bis zu seiner Emeritierung im Jahre 1978. Im Jahre 1984 wurden die beiden Abteilungen Ökophysiologie (W. LAMPERT) und Tropenökologie (W. JUNK) eingerichtet. JUNK ging 2007 in den Ruhestand und die Tropenökologie wurde aufgelöst.

Wassertypen

Was hat das alles mit dem oben genannten Buch zu tun? Nun, den Forschungen von Harald SIOLI ist es zu verdanken, dass wir näheres über die Gewässertypen und die geologischen und klimatischen Grundlagen, die zu diesen Gewässertypen führen, kennen. Die Begriffe Weißwasser, Klarwasser und Schwarzwasser sind heute fest im wissenschaftlichen und aquaristischen Sprachgebrauch verankert. Kaum jemand macht sich jedoch klar, dass es, um aus einer Hypothese eine schlüssige Theorie zur Entstehung dieser Gewässertypen entwickeln zu können, aufwendiger Forschung bedurfte.

Das Buch beschreibt im Prinzip die Entwicklung dieser Theorie und die Ideen von SIOLI, der zu Beginn des zweiten Weltkriegs während seiner zweiten Forschungsreise nach Brasilien dort festgesetzt wurde. Teilweise war der Autor interniert, konnte aber vor der Internierung (von 1940 bis 1942) und später seine Forschungen auf dem Gebiet der Limnologie relativ frei und unabhängig weiterführen.

Im Rahmen dieser Forschungen bereiste er neben dem Solimoes/Amazonas weitere Flusssysteme wie den Tapajos, den Madeira, den Rio Negro und Rio Branco, um nur die größten zu nennen. Er beschäftigte sich aber nicht nur mit limnologischen Themen, der Zusammensetzung der Ionen in Gewässern und deren geologischen Grundlagen, sondern auch mit dem gesamten Ökosystem und den dort lebenden Menschen.

Professor SIOLI erlebte dabei die Veränderungen Amazoniens in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts hautnah mit und hegte schon damals aufgrund seiner Forschungen Zweifel, ob die Ausbeutung Amazoniens auf die Dauer eine Verbesserung des Lebensstandards bringen werde.

“Der ”Conquista da ultima fronteira“, der Eroberung der letzten Grenze, hielt er [Sioli] entgegen, Amazonien könne agronomische Gier nicht verkraften, sondern nur das sanfte System der Nutzung, wie es Indianer seit erdenklicher Zeit betrieben und Alteingesessene von ihnen übernommen haben.

Barth, A. (1983) Aufbruch zur letzten Grenze, Der Spiegel 41

Kein Fischbuch

Das Buch ist, um es hier nochmals klarzustellen, kein Fischbuch, aber es zeigt aus der Sicht eines großartigen Erzählers, wie Amazonien damals war und wie schwierig und zeitaufwendig es war, sich in Amazonien bewegen geschweige denn forschen zu können. Der Autor lässt uns teilhaben an seinen Gedanken über die Verschiedenheit der Gewässer und der Böden. Für jemand, der sich näher mit der Geschichte der Erforschung Amazoniens beschäftigt, ist dieses Buch Pflicht, aber auch für den engagierten Aquarianer mit Interessenschwerpunkt Amazonien ist das Buch eine sehr interessante Literaturquelle.

Harald SIOLI: Gelebtes, geliebtes Amazonien. Forschungsreisen im Brasilianischen Regenwald zwischen 1940 und 1962. Herausgegeben von Gerd KOHLHEPP. Verlag Dr. Friedrich Pfeil, München, 2007, 228 Seiten

Die ursprüngliche Buchbesprechung wurde in Heft 2 des Jahrgangs 2009 im BSSW-Report veröffentlicht.

von Stefan K. Hetz

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