Apistogrammoides pucallpaensis ist in meiner Jugend immer ein Wunschfisch gewesen. In einer TI (Tetra Information, eine Zeitschrift des Tetra Verlags) von 1980 hatte ich das erste mal etwas über diese interessante und ungewöhnliche Art gelesen (Schmettkamp 1980). Ich musste allerdings erst 50 Jahre alt werden, um die Art selber mal zu pflegen und über einige Generationen nachzüchten zu können. Die Winzlinge verdienen den Namen Zwergbuntbarsche zu recht. Die Weibchen wurden bei mir – zumindest als Wildfänge – lediglich 24 bis 28 Millimeter lang, die Männchen wurden auch nicht größer als 38 mm.
Als Zwergbuntbarsche werden Vertreter der Buntbarsche (Cichliden) angesehen, die auch im erwachsenen Alter recht klein bleiben. Der Begriff Zwergbuntbarsche hat jedoch keine taxonomische Bedeutung. Zwergbuntbarsche gibt es in afrikanischen und südamerikanischen Buntbarschgattungen. Der Begriff klein ist dabei aber auch nicht näher definiert. Üblicherweise geht man von maximalen Größen erwachsener Tiere um acht Zentimeter aus.
Klein ist ein unbestimmter Bergriff und kann sechs, zehn oder auch zwölf Zentimeter Gesamtlänge bedeuten. Klein bedeutet auch nicht unbedingt, dass die Arten in kleinen Aquarien gehalten werden können oder gar müssen. Die Faustformel, die allein aus einer Fischlänge die Ansprüche an die Größe des Lebensraums Aquarium ableitet, ist mehr als fraglich. Solche Fragen beantwortet man besser durch sorgfältige Beobachtung als mit einem Taschenrechner und Dreisatz. Zu unterschiedlich – und teilweise auch individuell – sind die Revieransprüche und die Homeranges der in Aquarien gehaltenen Fischarten.
Apistogrammoides pucallpaensis wurde 1965 von Meinken beschrieben (Meinken, 1965). Der Beschreiber stellte die neue, bisher monotypische Gattung Apistogrammoides aufgrund verschiedener morphologischer Unterschiede zur Gattung Apistogramma auf. Einer dieser Unterschiede ist sehr auffällig: Die größere Anzahl von Hartstrahlen in der Afterflosse und damit verbunden eine etwas länger erscheinende Afterflosse.
Die Art stammt aus dem Gebiet um den peruanischen Ort Pucallpa. Dieser Ort liegt nahe an der Yarina Cocha, einem ehemaligen Flussarm des Ucayali, einem der Quellflüsse des Amazonas bzw. Solimoes. Da Pucallpa relativ gut zu erreichen ist, haben schon relativ viele Aquarianer diesen Ort bereist. Durch die Nähe zum Äquator fallen die jahreszeitlichen Temperaturunterschiede gering aus. Eine Regenzeit fällt auf unser Winterhalbjahr. Von Oktober bis April erreichen die monatlichen Niederschläge 150 bis 200 mm.
Apistogrammoides pucallpaensis ist eine kleine Art. Sie ist wie die südamerikanische Zwergbuntbarschart Nannacaea taenia und die afrikanische Art Neolamprologus multifasciatus auf jeden Fall kleiner als viele Vertreter der Gattung Apistogramma. Von dieser Gattung unterscheidet sich Apistogrammoides pucallpaensis, wie oben erwähnt, morphologisch unter anderem durch eine größere Anzahl (6 bis 9) von Hartstrahlen in der Afterflosse, wie im folgenden Bild zu sehen ist.
Die Art wurde zwar schon 1965 beschrieben, tauchte aber – zumindest laut Literatur – erst gut 10 Jahre nach der Erstbeschreibung in der Aquaristik auf. Schmettkamp (1977a, b) stellt die Art vor und beschrieb auch die Haltung und Zucht. Im Vergleich zu Apistogramma gibt es bei der Haltung und Nachzucht nicht zu viel große Unterschiede, wenn man aber genau hinsieht, sind hier und da Verhaltensunterschiede vorhanden.
Meine Fische werden, wenn ich sie bekomme, zunächst zur Beobachtung in kleine, gut eingelaufene und gut strukturierte Aquarien eingesetzt. Diese Aquarien, für eine einziges Paar dieser kleine Fischart genügt vorübergehend ein 40 cm Becken, sind nicht das, was man als sogenannte “Quarantäneaquarien” bezeichnen würde, die man nicht einrichten würde. Die von mir benutzten Becken sind aber eingerichtet und so aufgestellt, dass ich die neuen Tiere gut beobachten kann. Für Zwergbuntbarsche richte ich die Becken mit einem Mattenfilter ein, der eine der Stirnseiten vollständig ausfüllt. Die Becken werden mit einer ca. 5 bis 15 mm dicken Lage an feinkörnigem weißem Quarzsand als Bodengrund eingerichtet. Darauf kommt viel Holz, wie es auch in den natürlichen Biotopen der Fall ist. Ggf. nehme ich nich etwas Laub, Eichen- oder Buchenlaub zum Strukturieren.
Dieses Holz (meistens schon lange bei mir verwendetes Holz aus dem Fachhandel in Form von Wurzeln oder lange gewässertes Holz aus meinen Teichen) macht in meinen Aquarien den größten und wichtigsten Teil der Einrichtung aus. Ich gebe das Holz so ins Aquarium, dass es viele Nischen und Spalten bildet, die die Tiere gerne als Verstecke und Rückzugsgebiete annehmen. Zwischen diese Spalten füge ich oft noch Pflanzen ein, vor allem Javafarn (Microsorum spp.) und Anubias spp., die man einfach einklemmen kann. Auf im Bodengrund eingepflanzte Wasserpflanzen verzichte ich. So kann ich das Becken auch, wenn Not am Mann ist, schnell ausräumen.
Die Fische werden bevorzugt paarweise oder, falls man mehr Fische als Platz in verschiedenen Aquarien hat, in kleinen Gruppen eingesetzt. Wenn man eine kleinere Gruppen von Fischen einsetzen möchte, so sollte dafür auch genügend Platz sein. Neben dem Platz ist es wichtig dass die Anzahl der Verstecke größer ist als die Anzahl der eingesetzten Fische. Bewährt hat sich bei mir die Gruppengröße von drei Männchen und fünf Weibchen.
Zum Ablenken – ich versuche den irreführenden Begriff Feindfische zu vermeiden – gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten. Man kann zwei Aquarien so nebeneinander aufstellen, dass sich die Fische sehen können (zumindest zu einem geringen Teil), oder man setzt Fische dazu, die andere Bereiche des Aquariums besiedeln, aber dafür immer die Aufmerksamkeit der eingesetzten Zwergbuntbarsche beanspruchen. Im ersteren Fall versehe ich die Lücke zwischen zwei Aquarien mit einem dunklen Stück Pappe, welches ich beliebig nach vorne oder nach hinten schieben und so die Sichtfläche verändern kann. Im zweiten Fall verwende ich Spritzsalmler (Copella arnoldi), die bevorzugt nur das obere Drittel des Aquariums besiedeln, selbst nicht besonders aggressiv sind, und auch schnell genug sind, den kurzen Attacken (in den allermeisten Fällen ist es nur ein kurzes Anschwimmen) der kleine Buntbarsche adäquat begegnen zu können.
Die Weibchen werden auf diese Weise schnell einen geeigneten Laichplatz ausfindig gemacht haben. Das Männchen verteidigt, falls überhaupt, die Außengrenzen des Laichreviers, welches einen Durchmesser von ungefähr 10 bis 15 cm, teilweise noch weniger, nicht übersteigen dürfte.
Wenn die Weibchen genügend gefüttert wurden und Laich angesetzt haben, was vor allem die Frage einer guten Fütterung mit proteinreicher Nahrung sein dürfte, steht einem erfolgreichen Ablaichen und der Aufzucht der Jungfische eigentlich nichts im Wege. Man kann, falls es notwendig ist, das Ablaichen stimulieren, indem man einen größeren Wasserwechsel vornimmt, der mit etwas kühleren, gerne auch etwas weicheren Wasser vorgenommen wird. Der Hauptfaktor dürfte jedoch das Futter sein, was immer gerne mal vergessen wird und den noch aktiven “Tümplern” Vorteile beschert. Auf eine Temperaturerhöhung zur Laichstimulation verzichte ich. Die Tiere leben bei mir in ungeheizten Aquarien, die in einem Regal im Winter zwischen 22 und 26°C und im Sommer 22 bis 30°C erreichen.
Ist ist zum Ablaichen gekommen, kann es durchaus sein dass ich das Weibchen werden mehrere Tage nicht sehen lässt. Umso gespannter bin ich dann immer, wenn das Weibchen kurz nach vorne kommt (was vor allem bei der Fütterung passieren kann) und durch seine Form anzeigt dass es Eier gelegt hat. Manchmal bettet das Weibchen die noch nicht freischwimmenden Jungfische vom Laichplatz an versteckte Plätze um.
Die eigentliche Überraschung kommt dann immer mehrere Tage später, wenn das Weibchen das erste Mal mit den frei schwimmenden Jungen im Becken herum zieht. Jetzt ändert sich auch die Färbung, die Weibchen werden intensiver gefärbt, die Schwarzzeichnung wird kontrastreicher.
Jetzt fange ich spätestens mit dem Füttern an, frisch geschlüpfte Artemia- Nauplien zwei bis dreimal am Tage in geringen Mengen, sowie Infusorien (vor allem Pantoffeltierchen) und Mikrowürmchen, die ich zusammen mit den Infusorien zweimal pro Tag ins Aquarium gebe, entscheiden dann über die Erfolg der Aufzucht. Die jungfische wachsen relativ schnell, sodass man die Infusorien- Zugabe schon nach einer Woche beenden kann.
Anders als zum Beispiel einige Weibchen der Gattung Apistogramma, sind die Weibchen von Apistogrammoides relativ scheu wenn sie Jungfische pflegen. Sie zeigen sich auch in Aquarien, in denen sie Ruhe vor anderen Fische haben, deutlich weniger außerhalb von Verstecken und meist sehr in der Nähe ihrer Jungfische.
Die Jungfische kann man mehrere Wochen mit den Eltern im Aquarium belassen, spätestens aber wenn das Weibchen erneut ablaicht, sollte man diese entfernen. Wie bei anderen Zwergbuntbarschen habe ich die Erfahrung gemacht, dass zwei bis drei Monate alte Jungfische ihre jüngeren Geschwister, vor allem wenn diese frisch geschlüpft sind, auch als Nahrung ansehen können.
Linke, H. (1986). Anmerkungen zum Lebensraum einer Farbvariante von Apistogrammoides pucallpaensis. DCG-Informationen 17 (3): 52 – 55.
Meinken, H. (1965). Über eine neue Gattung und Art der Familie Cichlidae aus Peru (Pisces, Percoidea, Cichlidae). Senckenbergiana Biologica 46 : 47 – 53.
Schmettkamp, W. (1977a). Cichliden von A-Z: Apistogrammoides pucallpaensis MEINKEN, 1965. DCG-Informationen 8 (10).
Schmettkamp, W. (1977b). Erste Ergebnisse aus der Haltung und Zucht von Apistogrammoides pucallpaensis MEINKEN, 1965. DCG-Informationen 8 (10): 181 – 188.
Schmettkamp, W. (1980). Zwei seltene Cichliden aus Mittel- und Südamerika. TI-Tatsachen und Informationen aus der Aquaristik 15 (49): 10 – 11.
Staeck, W. (2017): Kleine Buntbarsche. Amerikanische Cichliden I. (9. Aufl.). Tetra Verlag, Velten, 314 Seiten.