Dort kann man in einer Lodge direkt am See bzw. der Lagune unterkommen. Die Lodge ist mit einem eigenen Landeplatz für Flugzeuge, einem direkt am See gelegenen Bootssteg und zwei Booten ausgestattet. Im oben verlinkten Luftbild kann man rechts oben neben der Lodge die vier Hütten am See erkennen. Ich hoffe, im folgenden Artikel zusammen mit den Bildern und besonders den Videos (in recht alter Technologie vor über 13 Jahren aufgenommen) einiges von den dortigen Eindrücken vermitteln zu können.
Der Hinflug mit einer kleinen Cessna erfolgte bei relativ guter Sicht, die „nur“ von dem zu dieser Zeit allgegenwärtigen Rauch in der Luft etwas getrübt wurde. Wenn ich gleich im Video etwas besorgt aussehe, dann, weil die Flugzeuge eigentlich immer überladen sind und die Piloten neben einem GPS vor allem ein wichtiges Utensil, einen Rosenkranz verwenden. Meine Erfahrung aus einigen Flügen war, dass die intensive Verwendung des Rosenkranzes mit der Unerfahrenheit der Piloten positiv korreliert.
Der Rauch, der die Sicht selbst in geringer Flughöhe doch recht trüb macht, kam von den Bränden, die im ausgetrockneten Land kurz vor dem Beginn der Regenzeit überall im Amazonastiefland zu sehen waren. Der Flug ging von Trinidad über Viehweiden, Steppen, aber auch über größerer Trockenwaldstücke und Galeriewälder, welche die vielen Flüsse und stehenden Gewässer säumten. Selbst aus dem Flugzeug ließ sich am geringen Wasserstand der Flüsse erkennen, dass Trockenzeit herrschte.
Der Wasserstand der Flüsse war zu dieser Zeit um mehrere Meter gesunken. Das ist jedoch völlig normal, der Unterschied zwischen Hoch- und Niedrigwasser beträgt in dieser Gegend zwischen fünf und zehn Meter. Er wird – wie bei uns – vom Einzugsgebiet, dem Gefälle und von der Überschwemmungsfläche bestimmt, die der Fluss bei Hochwasser einnehmen kann. An einigen Flüssen im brasilianischen Amazonas-Tiefland weiter im Norden kann dieser Pegelunterschied sogar bis zu 17 Meter, also ungefähr die Höhe eines fünfstöckigen Hauses erreichen.
Bei unserer Ankunft in Los Lagos war ich vollkommen überrascht: Luxus pur am Ende der Welt, jedoch nur mit dem Flugzeug zu erreichen. Aber auf jeden Fall einen Besuch wert! Die Lodge mit einigen Hütten und Häusern liegt, mit eigener Landepiste versehen, recht nahe am See. Einige der für Besucher reservierten gut ausgestatteten Hütten liegen relativ abgelegen von den Versorgungsgebäuden direkt am Seeufer, so dass man dort die überaus reiche Vogelwelt des Sees beobachten kann. Wir wählten den Mittelweg und nahmen in den Hütten nahe am Hauptgebäude in der Nähe des Stegs Quartier.
Vom Steg aus kann man im Flachwasserbereich relativ gut Fische und vor allem die überaus sehenswerte aquatische Vegetation erkunden. Da der Steg nicht sehr oft genutzt wird, kann sich diese Vegetation weitgehend ungestört entwickeln. Vom Steg aus hat man auch einen Blick weit über den See. Mit etwas Glück kann man auch Süßwasserdelfine beobachten.
Schon am ersten Tag in Los Lagos machten wir uns mit dem Boot in Richtung zu einer Bucht im Osten der Lodge auf, die Wolfgang schon in den Jahren vorher besucht hatte. Diese Bucht mündet, wie man den Landkarten entnehmen kann, in der Regenzeit in einen relativ schmalen Ablauf des Sees. Dort wollten wir Fische beobachten und gegebenenfalls auch fangen. Das Fangen direkt im See war nun etwas ganz anders, als ich es von meinen bisherigen Reisen gewohnt war. Den besten Eindruck zeigt vielleicht das folgende kurze Übersichtsvideo.
Bisher hatte ich noch nie von einem Boot aus Fische gefangen, was einige anfängliche Übungen nötig machten. So ist es nicht ganz einfach, mit Taucherbrille und Schnorchel im freien Wasser ohne Bodenkontakt nur auf dem Rücken schwimmend einen Kescher mit Fischen zielsicher in ein ebenfalls schwimmendes Gefäß auszuleeren. Aber nach einiger Übung funktionierte das ganz gut.
Verschiedene Arten der Familie der Schlanksalmler (Lebiasinidae), eine Fischgruppe, die es mir ganz besonders angetan hatten, fanden sich zu meiner Freude ebenfalls in Los Lagos. Die kleinen Bleistiftsalmler der Gattung Nannostomus fanden sich in kleinen Gruppen ständig nach Futter suchend im Bereich der Ufervegetation und Pflanzenbestände ein. Diese interessanten Salmler kommen sehr weit verstreut auf dem südamerikanischen Kontinent vor. Möglicherweise verstecken sich mehrere Arten dahinter. Interessant ist die kontrastreiche Nachtfärbung der Tiere, die man im Aquarium ein paar Stunden nach dem Lichtausschalten beobachten kann.
Anders als an den Stellen im See, die wir noch im Verlauf unseres weiteren Aufenthaltes besuchen sollten, grenzten die steil bis auf eine Tiefe von zwei bis drei Metern abfallenden Ufer der oben genannten Bucht direkt an festes Land, so dass die Ufer mit der ausgeprägten Wurzelschicht der Uferbäume bedeckt waren. Diese Wurzelschicht beherbergte eine unglaubliche Vielzahl von Fischen, die sich aber bei unserem Annähern leider sehr schnell in die dichte Vegetation zurückzogen, so dass die Geduld des Beobachters doch stark strapaziert wurde.
Am besten waren die Fische zu beobachten, wenn man sich ein paar Minuten schnorchelnd ohne viel zu bewegen unter der Wasseroberfläche auf die Lauer legte. Besonders interessant waren die Salmler der Gattung Nannostomus, die in kleinen losen Gruppen von fünf bis fünfzehn Tieren umherzogen und pickend die Vegetation und die Wurzeln abweideten. Wir konnten zwei Arten identifizieren, die zum Teil auch in gemischten Gruppen vorkamen. N. trifaciatus ist im obigen Bild zu sehen. N. unifasciatus war seltener, oft waren sogar einzelne Tiere in Gruppen von N. trifasciatus zu finden.
Die anderen Stellen, die wir am See aufsuchten, waren von einem allmählich flacher werden Ufer gesäumt. An wenigen Stellen, so auch im Bereich der Lodge, konnte man im seichten Wasser bequem bis ans Ufer laufen. Über irgendwelche Gefahren machten wir uns keine großen Gedanken. Selten bekamen wir zwar Kaimane zu sehen, aber diese flüchteten sehr schnell. Nur abends gelang es uns, kleine und halbwüchsige Exemplare zu fotografieren.
Die schwimmenden Wiesen fassen die Ufer der Lagune in einem relativ breiten Saum ein. Sie bestehen aus einer 30 bis 60 cm dicken Vegetationsdecke, die neben Wasser- und Sumpfpflanzen aus verschiedenen Grasarten und sogar kleinen Büschen besteht. Dort wachsen aber auch, besonders im Bereich der Randzonen bzw. der Grenzen zu den Freiwasserzonen, sehr viele verschiedene Wasser- und Sumpfpflanzen, so zum Beispiel auch die im Aquarium nicht immer einfach zu kultivierende Eichhornia azurea. Es sieht schon sehr kurios aus, wenn man unter Wasser die aus den Aquarien bekannten submersen Formen der Pflanzen beobachtet und über Wasser die emerse Vegetationsform sehen kann. Das Wurzelgeflecht der Pflanzen, die diese schwimmenden Wiesen bilden, reicht teilweise zwei bis drei Meter tief ins Wasser hinein.
Wenn man das erste Mal am Rand einer schwimmenden Wiese schnorchelt – es gibt auch relativ schmale aber tiefe Kanäle durch diese schwimmenden Wiesen, auf denen man sich relativ komfortabel auch mit einem größeren Boot fortbewegen kann – sieht dieser Rand aus wie ein steiles Ufer. Dort, wo keine Pflanzen überhängen und die Sonne relativ ungehindert in das sehr klare Wasser eindringen kann, findet man bis ungefähr in drei Metern Tiefe eine üppige submerse Vegetation.
Diese Vegetation ist allerdings nicht überall in den Kanälen so üppig ausgeprägt, so dass ich vermute, dass sich im Randbereich der Seen oder im Bereich einige Kanäle relativ mächtige Quellen auf dem Seegrund befinden, die auch die für die Pflanzen wichtigen Nährstoffe ins Wasser einbringen. In einigen Bereichen dieser Kanäle empfanden wir beim Schnorcheln bzw. Tauchen das Wasser im Vergleich zu anderen Zonen als sehr kühl, was ebenfalls auf Quellen hindeuten könnte.
Im Bereich der Ufer konnten wir eine Vielzahl von Fischen ausmachen. Ein Video zeigt sicher am besten, wie der Eindruck unter Wasser aussieht. Die submerse Vegetation bestand hier vor allem aus ausgedehnten Beständen von Mayaca und Cabomba. Besonders die Mayaca wiesen in einigen Bereichen hübsche rote Triebspitzen auf. Besonders auffällig waren auch die langen submersen Triebe von Eichhornia azurea. Diese Pflanzen bildeten an einigen Stellen im See ausgedehnte flutende Bestände unter denen sich auch mehrere Fischarten aufhielten.
Ebenfalls weiter draußen im See, möglicherweise in flacheren Bereichen .. wir haben das nicht genauer überprüft – fand man ausgedehnte Bestände von Potamogeton, einem Laichkrautgewächs. Ab und zu waren auch die hübschen schwimmenden Rosetten von Ludwigia sedioides zu sehen, die stark an die in Europa heimische Wassernuss Trapa natans erinnert. Die Wassertemperatur betrug im Bereich der Kanäle 26 bis 29°C, in flachen Randbereichen auch ohne weiteres einmal bis 33°C.
Wenn man vom Boot aus in das Wasser unmittelbar über den schwimmenden Wiesen fasste, so war dieses schon unangenehm warm, geschätzt betrug die Temperatur hier 38 bis 40°C. Umso verwunderlich war es, dass sich selbst an diesen sehr warmen Stellen noch Fische aufhielten, wie zum Beispiel ein kleiner Bodensalmler, den ich zunächst für ein Jungtier einer größer werdenden Bodensalmlerart hielt. Einige der attraktiven kleinen Tiere konnte ich mitbringen, allerdings waren sie sehr heikel und nahmen nur kleinstes lebendes Futter. Sie wuchsen innerhalb von drei Monaten kaum mehr, so dass ich davon ausgehe, dass sie mit ca. 14 bis 16 mm ausgewachsen waren.
Innerhalb der Kanäle kamen verschiedene Fischarten vor. Große Cichliden, wie z. B. Cichla und große Salmler, wie Acestrorhynchus, stellten die Räuber, die sich von anderen, kleineren Fischarten ernährten. Flaggenbuntbarsche (Mesonauta sp.) patrouillierten in den Randbereichen der schwimmenden Wiesen besonders unter Eichhornia azurea. Mesonauta waren die allgegenwärtigen Cichliden, die kurz unter der Oberfläche oft in kleineren Gruppen zusammenstanden, manchmal fand man sie auch alleine. Wenn man sich mal eingesehen hatte, sah man die Tiere überall.
Etwas tiefer, meistens in Verbindung zum Ufer beziehungsweise zur Vegetation fanden sich große Cichla und Crenicichla, die dort ihre Reviere hatten. Wimpelpiranhas (Catoprion mento), die sich, wenn es die fehlenden Nahrungsressourcen nötig machen, auch von Schuppen anderer Fische ernähren können, schwammen alleine oder in kleinen Gruppen durch die lichten Cabomba-Bestände der Kanäle. Nur sehr selten gelang es, ein kleineres Exemplar zu fangen.
Cichla, die größte dort vorkommende Buntbarschgattung, trat ausgewachsen meistens in Paaren auf. Teilweise konnte ich auch Gelege finden, die aus einer großen Anzahl von weißlichen Eiern bestanden. Selbst bei der Bewachung der Brut zeigten die Tiere eine relativ große Fluchtdistanz, so dass ich nie näher als drei oder vier Meter an die Gelege herankommen konnte, bevor die Tiere flüchteten.
Tiere mit einer Größe von 20 bis 30 cm traten oft in Schulen von 15 bis 40 Tieren auf. Deutlich zutraulicher und neugieriger als erwachsene Paare umkreisten mich solche Schulen manchmal, was ein ganz fantastischer Anblick war.
Dass Wimpelpiranhas (Catoprion mento) sich von Schuppen ernähren, wurde oben schon erwähnt. Die Ernährungsweise und die besondere Form des Kiefers wurde vor einiger Zeit näher wissenschaftlich untersucht. Die Fische erwiesen sich als besonders geschickt darin, mit vorgestülptem Unterkiefer Schuppen von den Seiten anderer Fische abzureißen. Das ungewöhnliche Fressverhalten erlaubt es den Fischen auch bei sehr geringem Nahrungsangebot eine natürliche nachwachsende Nahrung, nämlich die Schuppen anderer Fische, als Energiequelle zu verwerten. Man darf sich dieses Schuppenfressen nicht etwa wie Fingernägelkauen vorstellen, das zwar eine Beschäftigung darstellt, aber letzten Endes nicht nahrhaft ist.
Fische können vielmehr aus stark stickstoffhaltigen Nahrungsbestandteilen, wie zum Beispiel dem Guanin in den Schuppen noch sehr viel Energie gewinnen, da sie dazu in der Lage sind, diese Stickstoffbestandteile bis hin zum sehr energiearmen und wasserlöslichen, aber auch giftigen, Ammoniak zu verwerten. Das Ammoniak wird dann als Stickstoffendprodukt direkt über die Kiemen in das Wasser abgegeben. Aus den Schuppen anderer Fische können die Wimpelpiranhas also immer noch genug Energie gewinnen, um in Notzeiten zu überleben.
Zwergbuntbarsche aus Südamerika wecken ebenfalls mein Interesse. Auch in Los Lagos fanden sich Apistogramma in großer Zahl, wenn auch nur in einer Art. Wolfgang Staeck, der schon mehrfach diesen See besucht hatte, fing dort mehrere Tiere, die bis vor mehreren Jahren unter dem Namen Apistogramma sp. „Mamoré“ im Hobby bekannt waren und mittlerweile, im Jahre 2008, von Staeck und Schindler unter dem Namen Apistogramma erythrura beschrieben wurden.
Diese in der Färbung sehr variable Art kam überall im See vor und zeigte im Bereich der schwimmenden Wiesen ein interessantes Verhalten: Versuchte man, die Tiere mit dem Netz unter Wasser zu fangen, so tauchten diese nicht etwa ab, sondern wichen nach oben aus und sprangen oft sogar aus dem Wasser. Dieses Verhalten zeigten die Tiere aus dem Bereich der schwimmenden Wiesen auch noch mehrere Monate später im Aquarium, wenn sie erschreckt wurden. Eine außergewöhnlich hohe Individuendichte erreichten die Tiere in den Lagunen, die an festes Ufer grenzten.
Für die Freunde größerer Buntbarsche empfehle ich die Gattung Heros, über die es auch eine neuere Monographie gibt. Diese Tiere sind für mich, seit ich sie in Los Lagos mehrfach länger beobachten konnte, sehr interessant. Allerdings passen sie von der Größe her leider nicht so gut in meine eher kleine Aquarien.
Aphyocharax rathbuni, ein in der Aquaristik nicht unbekannter und seit vielen Jahren im Zoofachhandel anzutreffender Salmler, war in wenigen Exemplaren im Gestrüpp der schwimmenden Wiesen anzutreffen. Die außergewöhnlich intensive Färbung hält allerdings nicht lange vor. Gefangene Fische verloren das herrliche Grün und Rot schon nach einem Tag. Aber trotzdem machte die Begegnung mit der Art mal wieder Lust auf die Haltung.
Apropos Farbe: Die Farben von Fischen verblassen schon nach wenigen Metern, selbst im glasklaren Wasser, was mit der selektiven Farbabsorption von Wasser zu tun hat. Umso wichtiger sind für das Erkennen starke Kontraste, die einigen Fischarten halfen, sich auch im trüberen Wasser zu finden. Zwei Beispiele von Kontrasten finden sich im folgenden Video. Hier sieht man die Wichtigkeit von starken Kontrasten zwischen hellen und dunklen Zeichnungselementen bei den beiden Salmlergattungen Thayeria und Hemiodus, die auch im tieferen Wasser und auf größere Distanzen noch gut sichtbar sind.
Hyphessobrycon elachys hatte Wolfgang schon ein paar Jahre zuvor in Los Lagos nachgewiesen und darüber auch im BSSW-Report berichtet (Staeck 2007). Die Art kommt in einer relativ großen Verbreitung vor und bildet kleine Unterschiede in der Zeichnung und der Körperform aus. Dieser kleine Salmler bildet in Los Lagos sehr große Gruppen, die man aber nicht als Schwarm bezeichnen sollte. Diese geschätzt bis zu 500 Individuen enthaltenden Gruppen halten sich bevorzugt in einem Bereich von ungefähr vier bis acht Metern direkt an den Kanten der schwimmenden Wiesen auf. Einzelne Männchen besetzen ab und zu Reviere, in die sie balzend versuchen, die Weibchen aus der Gruppe anzulocken.
Einen attraktiven Salmler mit schön gezeichneter Schwanzflosse, der an den Bassamsalmler, Hemigrammus marginatus, erinnerte, nahm Jürgen mit. Obwohl er diese Fische auch nachzüchten konnte, machten diese attraktiven Tiere in der F2 Schwierigkeiten mit der Nachzucht und sind deshalb wohl zunächst für das Hobby verloren gegangen.
Die wenigen Tage in Los Lagos vergingen mit Schnorchel und Tauchen in glasklaren weichen Wasser wie im Fluge und nach einem letzten sehr schmackhaften Frühstück machten wir uns am 15. September mit dem Flugzeug zu unserem dritten und letzten Ziel auf: zum Rio San Martin im Osten Boliviens.
Staeck, W. (2007): Neuer Fundort von Hyphessobrycon elachys WEITZMAN, 1984. BSSW Rep. 19 (1): 10–12.